20. Dezember 2020

Über Stärke

Die Wintersonnenwende steht vor der Tür. Vor einem halben Jahr, zur Sommersonnenwende, wurde es für mich ein bisschen schneller dunkel als erwartet. Denn plötzlich lag ich im Koma und den restlichen Sommer in Kliniken. Ich musste mich abrupt von der Sonne verabschieden. Doch umso mehr freue ich mich, dass nun buchstäblich wieder mehr Licht in mein Leben kommt. Die Narben werden schöner und es scheint, als würde sogar meine Stimme ihren Weg zurück zu mir finden. 

Sechs Monate, in denen ich meine Geschichte verdammt oft erzählen durfte, sind vergangen und mindestens genauso oft fiel in diesem Zusammenhang das Wort "Stärke". Gedanklich versuche ich mich tatsächlich gerade mit einer Rolle, der metaphorischen Kriegerin zu identifizieren und ich mag die Idee wirklich. Ich will mich stark und wunderbar fühlen. Was genau das bedeutet, kann ich allerdings noch nicht sagen. Doch ich habe einige Experten auf diesem Gebiet gefragt, was "stark sein" für sie bedeutet. Hier eine kleine Auswahl ihrer Antworten:

"Stark sein bedeutet für mich, dass man, egal was man in seinem Leben erlebt hat, immer weiter macht... auch wenn man denkt es geht nicht. Ich bin momentan an einem Punkt wo ich denke... ich fühle mich immer an demselben Fleck... aber das ist gar nicht so... ich habe schon so viele Fortschritte gemacht, nur sehe ich diese immer nicht... da sie sehr klein sind.... aber dennoch sind es Fortschritte... die mir zeigen, dass ich stärker bin, als ich denke"
~Lilli

"Eine Person ist in meinen Augen stark, wenn sie das Leben so nimmt, wie es kommt; Wenn sie zu sich selbst und zu ihren Freunden steht und ihr Ding durchzieht; Wenn sie zu ihren Gefühlen steht und sich nicht dafür schämt auch mal zu Lachen oder vor allem zu weinen; Wenn sie weiß, wie man auch in einer beschissenen Lebenslage wieder aufsteht und den Mut nicht verliert; Oder auch, wenn man tapfer ist und auch an den kleinen Dingen im Leben versucht etwas Schönes zu sehen, auch wenn alles andere noch so kacke ist. Stark sind auch Menschen, die den Glauben an andere Leute nicht verlieren und sich für die einsetzen, die Schutz und Zuwendung brauchen. Oder auch wenn sie an sich selbst glauben, ihre Wünsche, Ziele versuchen umzusetzen und einfach ihr Leben zu nutzen, um zu leben und dafür kämpfen.
Stark sein bedeutet auch manchmal sich selbst zurückzunehmen, um die Leute, die man liebt, zu beschützen und zu trösten und ein Halt zu sein, wenn ein Schicksalsschlag kommt.
Stark sein ist auch, wenn man sich selbst treu bleibt, wenn man nicht vergisst, wo man herkommt und wo man hin will.
"
~Ellyna

"Ich würde sagen „stark sein“ bedeutet für mich, sich nicht vom Schlechten und Negativen, das einem widerfährt, überwältigen zu lassen, sondern immer weiter zu machen. Also das Gute und Positive im Blick zu behalten und weiter für die eigenen Ziele zu kämpfen. Oder sogar neue Kraft aus dem Negativen ziehen zu können."
~Nelly

"Stark sein bedeutet für mich mein Leben mit allen Höhen und Tiefen nach meinen Vorstellungen zu gehen; Mich nicht von Anderen beeinflussen lassen, mir andere Meinungen anhören und akzeptieren; Auch mal Schwächen zeigen und Fehler zugeben. z.B. habe ich mir als Teenager mein Zimmer mit einer lila Wand gewünscht und so lange genervt bis ich es bekam... Obwohl sie alle doof fanden und mich bekloppt. Genauso war mein erstes eigenes Bad schwarzweiß. Ich fand es schick und lies mir nichts anderes einreden. Schwarze Hochglanzfliesen. Nur zwei Beispiele."
~Meine Mama

"Stark sein. Ich glaube, als Kind wollte ich stärker werden, hab es aber nur auf meinen Körperbau bezogen, bis ich herausfand, dass das lächerlich ist. Meiner Meinung zeigt sich wahre Stärke in vielen Facetten.
Du lässt dich von Niederlagen nicht unterkriegen.
Du kannst alle Emotionen zeigen.
Du glaubst an dich selbst und das, was möglich ist, wenn du deinen Arsch hoch bekommst, anstatt ihn auf der Erde liegen zu lassen.
Du stellst dich der größten Herausforderung oder kämpfst auf dem brutalsten Schlachtfeld: das Leben. So unerbittlich, bis du deine Bestimmung gefunden hast. Nirgendwo gewinnst und verlierst du so viel wie im Leben.
"
~der kleine Albatros

"Keine Ahnung, irgendetwas zwischen Durchhalten und den Mut zu haben, nicht alles immer durchhalten zu wollen."
~Maria

"Ich denke Du meinst mehr als die allererste Bedeutung, aber die kann ja nicht unnütz sein. "Stärke" etwas bewegen, etwas erreichen, über Widerstände hinausgehen, überwinden. Abstrakter gesagt, scheint es für mich viel um Willen zu gehen; etwas fokussieren, etwas erreichen wollen und im Auge zu behalten auch, wenn es heißt, durch Schmerz zu gehen; Sich nicht ablenken lassen. Stärke kann auch eine Haltung beschreiben, Erfolg zu erwarten. Wenn du stark bist, behältst du im Auge, was dir wichtig ist und konzentrierst dich darauf, egal was auch immer dir über den Weg läuft. Es heißt nicht emotionslos zu sein, kann aber heißen über Gefühle für eine Zeit hinwegzugehen. Es kann vielleicht im Bezug auf Gefühle heißen, sie zu akzeptieren und ihnen einen Sinn zu geben anstatt sich in Selbstmitleid und Verzweiflung zu verlieren.
Das wär ein Anfang. Ich wäre gerne stark.
Ich hab' natürlich jetzt vor allem positive Bedeutungen von Stark sein genannt. Aber es hängt alles davon ab, was schwach heißt und ob das was Schlechtes ist. Aber die Frage ist ja, warum macht man sich Gedanken über so ein Wort? Doch deshalb, weil man an Idealen bastelt für sich und andere. Und dann konzentriere ich mich darauf, was es im besten Sinne heißt stark zu sein. Auch wenn man gerade verliert. Wie man in der Schwäche noch stark und beeindruckend sein kann, z.B. wenn man Prinzipien über Grundbedürfnisse setzt. Was ich auch stark finde, ist die Angst zu überwinden und in Beziehung zu anderen Menschen zu gehen, auch nachdem man die Erfahrung gemacht hat auch hintergangen werden zu können; weiterhin guten Willen zu unterstellen, als wäre man so 'naiv'."
~
Markus

"Ich hab jetzt eine Weile darüber nachgedacht und festgestellt, dass es gar nicht so leicht in Worte zu fassen ist. Ich finde Optimismus sehr stark, wenn Menschen auch in "schlechten Situationen" etwas Gutes finden. Und wenn man reflektiert über schlimme Dinge, die einem geschehen sind, sprechen kann. Das finde ich sehr stark. (Das beziehe ich aber vor allem auf andere Menschen )
Mir ist aber auch aufgefallen, dass mir selbst stark sein oft heißt, dass ich meine Gefühle nicht zeige oder unterdrücke in einem bestimmten Moment (was eigentlich nicht so cool ist)
"
~Lena

11. Dezember 2020

Das genähte Shirt



Die Löcher waren auf einmal alle weg. Nicht schlimm, dachte ich mir und trotzdem musste ich weinen. Es war einfach nicht mehr das, was es vorher war. So kaputt und ranzig von den Abenteuern des  vergangenen Sommers habe ich es anscheinend sehr geliebt. Es war immer dabei, denn so hatte ich stets einen Teil von dir bei mir. Und überhaupt, wie hältst du es nur mit mir aus? Ich will immer nur raus und weg. Die vier Wände machen mich wahnsinnig und du lässt mich jedes Mal lächelnd losziehen, vertraust darauf, dass ich wiederkehre und im Kern derselbe Mensch bleibe.

9. Dezember 2020

Warum nicht wieder barfuß Altglas wegbringen?

 Ich wünschte ein kleines Wesen würde mich stets begleiten und auf einer flüsterleisen Schreibmaschine die Lebenslektionen, die ich bereits lernen durfte, mitschreiben. Ich könnte sie praktischerweise nochmal nachlesen, nur würde ich vermutlich trotzdem immer wieder dieselben Fehler machen, solange es sich zum Zeitpunkt des Entschiedungtreffens richtig anfühlt. Doch wenn ich irgendwann alt und grau bin, kann ich ganz stolz meinen Enkeln daraus vorlesen. Ganz sicher werden sie ebenfalls den gleichen Mist wieder und wieder verbrocken und dann lache ich über ihren jugendlichen Leichtsinn und entgegne rein aus Prinzip: "Ich hab's euch ja gesagt."

7. Dezember 2020

Das kam unerwartet...

Damit habe in nächster Zeit tatsächlich nicht gerechnet, doch mein Herz schreit schon wieder nach der Fremde. Ich kann es kaum abwarten, mich nicht mehr schonen zu müssen und endlich wieder unterwegs zu sein. Der Sommer soll bitte, bitte nicht so lang auf sich warten lassen. Die umliegenden Wälder sind erkundet. Wie soll ich nur den restlichen Winter überleben, still sitzen und lernen, ohne impulshaft auszubrechen, das Studium zu schmeißen und mich in den nächstbesten Zug zu setzen? Hoffenlich gibt sich mein Gemüt mit der wunderbaren kalten Luft und dem Flussrauschen zufrieden. Das Fernweh muss doch nur ein paar Monate unterdrückt werden. Umso schöner wird der Tag sein, an dem es endlich wieder losgeht und wir unsere eigene kleine Revolution ausrufen.

22. November 2020

Geduld

Fast hätte ich die Magie eines nächtlichen Spaziergangs, nur begleitet von leiser Musik, die all den Schmerz der Welt besingt, vergessen. Neben mir kann ich die Weißeritz plätschern hören. Das Wasser muss eisig sein und trotzdem würde ich nichts lieber tun als mich hineinzulegen. Hier fühlt es sich wie Zuhause an - sicher, warm und kuschlig. Die kalte Luft ist wie ein Hammer auf meinen Narben und auch mein Hals wird trocken. Doch für meine Seele ist er Balsam. Die ganzen Zweifel, die wie Steine auf mir liegen, werden einfach weggeweht als wären sie genauso leicht wie die Blätter der Bäume. Ich wünchte es gäbe eine Medizin, die mich so schnell heilen könnte, wie es der Wind jedesmal schafft.



20. November 2020

An der Oberfläche schwimmen

Meine Gedanken drehen sich kreiselförmig und unfassbar rasant um meinen Kopf. Ich kann sie kaum noch im Blick behalten. Irgendwo zwischen schönen Erinnerungen aus den letzten Jahren, den immer noch präsenten Eindrücken dieses Sommers und all der Ungewissenheit und Hoffnungen, die ich in der Zukunft aufbeware, habe ich mich schon wieder verloren. Doch immerhin kenne ich mittlerweile einige Erste-Hilfe-Griffe gegen den aufsteigenden Blues der langsamen Genesung. Denn seltsamerweise bin ich immun gegen aufbauende Worte, egal von wem sie kommen. Doch die Stärke und das Selbstvertrauen trage ich schon lange in mir. Das weiß ich ganz genau. Schließlich habe ich lange an ihrer Verinnerlichung gearbeitet. Allerdings braucht es in letzter Zeit einige Anläufe, um sie aus der Tiefe zu angeln. Aber sie sind da und darauf kann ich vertrauen. Gut möglich also, dass ich, um mich aus der Trauer der vergangen Tage zu befreien, den halben Tag, begleitet von guter alter Musik, durch die Wohnung getanzt bin und überall gut sichtbare, kleine Erinnerungen an mich selbst aufgehangen habe. Denn eigentlich gibt es keinen Grund zu weinen. Ich bin okay. Was es nicht ist, sind diese völlig irrsinnigen Ideale der Gesellschaft, die absolut nichts können bisauf Selbstzweifel und Unmut streuen. Sie wollen uns klein machen und tatsächlich ist es leicht, die eigene Größe und Stärke zu unterschätzen.


20. Oktober 2020

In Sicherheit

Lehn' dich zurück.
Lass dich ruhig und vorsichtig fallen.
Nichts und niemand wird dir wehtun.
Ich weiß ganz genau, dass zwischen uns ein sicherer Ort ist.
Die Worte verblassen einfach in der Luft.
Die Tränen werden von der Sonne getrocknet.
Wir können so lange bleiben, wie wir möchten.
Hol' tief Luft und atme einmal so richtig durch.
Vertraust du mir?
Wir müssen nicht gehen, solange dieser Kreis nicht geschlossen ist.
Ich kann dir zwar nicht versprechen,
dass die Sonne morgen erneut für uns aufgeht,
aber solange es dunkel ist, bleibe ich gern an deiner Seite.

 

19. Oktober 2020

Danach

 
Gelähmt und leer hocke ich unter der Brücke, mich vor dem Mondschein versteckend. Wann habe ich verlernt zu weinen und wie soll ich jetzt nur die ganzen beschissenen Gedanken aus meinem Kopf kriegen? Dieses Buch muss langsam wieder geschlossen werden. Zu viele Menschen schreiben ungefragt hinein und ich habe keine Kontrolle mehr über den Inhalt. Lasst mich, mich wieder etwas in mir verkriechen. Ich bin am liebsten allein, bei kühler Herbstluft.
Wo würde ich wohl landen, würde ich mich jetzt vom Ufer lösen und ins kalte Wasser springen?  Tatsächlich hält mich niemand auf. Kopfüber stürze ich mich in die Flut, treibe schnell aber leicht auf dem Wasser bis ich keine Bäume und Wiesen mehr sehen kann. Ich bin so fern von mir selbst. Irgendwann ist jeglicher Boden verschwunden. Aus dem Bach wurde ein reißender Fluss und schließlich ein Meer. Keine Schiffe weit und breit. Hier würde ich gewiss noch viel Zeit nur mit mir verbringen können, hätte ich mich nicht vor Kilometern schon verloren, in den Himmel schauend und an all die Sachen denkend, die ich absolut nicht verstehen kann.
 

15. Oktober 2020

Die Trauerfeier

Wie viele Regentage haben ihr ihre Augen wohl vorgetäuscht bevor sie den Himmel wieder klar sehen konnte? Hättest du nur gehört wie sie von der Weide und den Schafen sprach. Es war ein Teil eurer Geschichte und fast wollte ich sie zum schweigen bringen. Wieso teilt sie diesen Moment mit uns, wenn er doch nur euch beiden gehören sollte? Die Geschichten sind schließlich das Einzige, was ihr noch von dir blieb. Und machmal frage ich mich, wo du warst. Die Luft war so schwer, man konnte kaum atmen. Nicht nur ich habe darauf gewartet, dass du aus dem Nichts erscheinst und die Arme öffnest, um sie völlig darin verschwinden zu lassen.


10. Oktober 2020

Wo Frieden ruht

 Ist es okay, wenn ich mich noch ein wenig in deinen warmen Händen wiege?
Mich versinken lasse in den Fäden, die du zwischen deinen Fingern gespannt hast? Wenn ich Wimpel und Lichterketten aufhänge? Mich zudecke mit deinem sachten Hauch, der uns beide vor der Kälte schützen soll? Darf ich mich hier schlafen legen und meinen Kopf auf deinem Daumen ablegen? Lässt du mich auf deiner rauen Haut Frieden finden? Ich vertraue dir auf einer ganz anderen Ebene und ich weiß, du würdest niemals Fäuste ballen.


8. Oktober 2020

Morgen wird bestimmt ein besserer Tag

 

 Zu all den Dingen, die ich niemals aussprechen könnte, wenn du mir gegenüber stehst, gehört definitiv das Gefühl von Schwere in meiner Brust, wenn ich in mich gehe und versuche den Klang deiner Stimme zu rekonstruieren. Denn für mich hat es sich angehört, als hätten sich zwischen deinen Worten unendlich weite Abgründe aufgetan, über die man nicht mal mit genügend Anlauf und Beinkraft hätte springen können. Wir mussten uns eingestehen, dass keiner von uns fliegen kann. So knieten wir am Rand dieses riesigen bodenlosen Lochs, und ich bin mir ganz sicher, dass ich deine Hilfeschreie immer dann hören konnte, wenn nichts mehr gesagt wurde. Jetzt sitzen sie tief in mir, gemeinsam mit dem Gefühl von Verzweiflung. Ich weiß, du konntest nichts machen. Mir ging es genauso.

7. Oktober 2020

Minimale Eindrücke

Ich vermisse diese wunderbare Freiheit und Leichtigkeit des Alleinunterwegsseins und die unglaublich schöne Gewohnheit zu leben. Leider war ich zu faul viele Fotos zu machen. Stattdessen wollte ich jeden Moment genießen, was mir auch gut gelungen ist, glaube ich jedenfalls. Ich durfte wunderbare Menschen treffen, wertvolle Gespräche führen, und habe wieder sehr viel über mich selbst und meine Umwelt gelernt. Die Zeit war so schön, aber leider viel zu kurz und kaum in Worte zu fassen. Deswegen bin ich mir heute schon sicher, dass ich in ein paar Jahren erneut dabei sein werde. Also Hände hoch. Hier kommt eine Bilderwelle.






 






6. Oktober 2020

Narben

Sie wachsen, schrumpfen, spannen, jucken
und ändern täglich ihre Farbe.
Sie erinnern mich an meine Verletzlichkeit,
aber auch an meine Stärke.
Sie verlangen all meine Aufmerksamkeit,
und flüstern mir die widersprüchlichsten Mantras zu.
Doch ich bleibe bei meinen eigenen,
denn sie halten mich in meiner Welt
und verlocken mich in schwachen Momenten nicht
nach "meinem alten Ich" zu suchen.
Wir bleiben doch niemals Dieselben.
Aber ich bin mir ganz sicher,
dass die Zeit sämtliche Wunden heilen kann.


 

(März und September 2020, vllt derselbe Mensch, aber unterschiedliche Leben)

5. Oktober 2020

Nah

 
Die Granulome in meinem Hals können mir mühelos den Atem rauben. Doch am Ende bin ich meist stärker und so habe ich es endlich wieder auf einen der Berge gegenüber unserer Wohnung geschafft. Hier oben weht kein Wind, sondern das Gefühl von Freiheit. Diese gar nicht mal so atemberaubende Aussicht - weites Feld, dahinter die Stadt im Tal und dahinter wiederum nur noch mehr Erzgebirge - lässt mich wieder wissen wie klein ich und damit auch meine Sorgen sind. Hier oben habe ich irgendetwas wiedergefunden - sei es Frieden mit mir selbst, Optimismus oder lediglich meine gute Laune; jedenfalls wird es mich in Zukunft retten und ich bin so froh, dass es nun wieder da ist.
 

4. Oktober 2020

Zurück zum Ehrenamt


 
In diesem Spiel bin ich die einzige Lichtquelle. Ich führe meine neugewonnen Krieger in die Mitte des Labyrinths im Schlossgarten, platziere meine Taschenlampen und pfeife zur Jagd. Die Einen haben sich bereits versteckt und nun zieht der Rest los, um sie zu finden. Nur ich bleibe zurück. Im Garten wird es plötzlich ganz still. Hin und wieder höre ich rechts und links von mir Rascheln zwischen den Hecken. Unter mir ist der Boden kalt und nass. Doch über mir beglückt uns das Leben mit einem atemberaubenden Sternenhimmel, in dem sich gefühlt minütlich Sternenschnuppen zeigen. 
Drei Stunden vergehen und niemand kann es mehr leugnen. Im Herzen sind wir alle Kinder. Wir rennen durch die Nacht, schreien und lachen laut als wären wir weit und breit die einzigen Menschen. Niemand verurteilt uns. Niemand hält und für verrückt und falls doch, dann zieht das an uns vorüber wie die Nacht selbst. Morgens totmüde, aber unbeschreiblich glücklich für diesen Moment, weil wir merken, dass die Welt gar nicht so scheiße ist, wie die Gesellschaft uns glauben lässt. 
Ein neues Jahr für Freiwilligendienstleistende beginnt und ich freue mich schon wieder riesig einige von ihnen auf ihrem Weg begleiten zu dürfen. Ich will euch wachsen sehen. Also auf eine neue Runde nächtelang am Lagerfeuer sitzen und über's Leben reden, verrückte Geländespiele spielen und das Privileg der selbstbestimmten Bildung genießen. Oder wie ich es auch gern nenne: bezahlten Urlaub.





1. Oktober 2020

Wenn der Regen nachlässt

 
Die ganze Zeit habe ich mich gegen den Wind gelegt, wollte standhaft und aufrecht bleiben, Widerstand gegen den Sturm leisten, mich nicht einfach wegpusten lassen. Doch jetzt lässt das Unwetter nach und ich finde nicht genügend Gleichgewicht, um mich auf den Beinen zu halten. Stattdessen falle ich ihm entgegen. Und falle. Und falle.
 

28. September 2020

Kommst du manchmal nochmal nach Hause?

Nun werde ich vermutlich für immer sehnsüchtig auf den Tag warten, an dem ich dir von all den vergangenen Sommernächten, die ich wie völlig andere Leben gelebt habe, erzählen kann. Denn mein innerer Kompass hat sich mittlerweise auf ganz andere Dinge ausgerichtet und wenn ich die Nase in die Luft strecke, dann nur, um zu spüren aus welcher Richtung der Wind kommt. Ich kann deine Abenteuer nicht mehr wittern und so scheint es komplett absurd, dass sich unsere Wege jemals wieder kreuzen werden. Doch ich kann einfach nicht begreifen, dass Teile von mir tatsächlich für immer verschwinden können. Die Welt ist doch so klein und wir so groß. Es war doch stets derselbe kühle Wind, der uns in die Nacht gelockt hat.


5. September 2020

An meine alte Stimme

Meine liebe, liebe Stimme,

Wie hätte ich ahnen können, dass ich dich einmal so sehr vermissen werde. Ich hätte dich so viel mehr geehrt, es so viel mehr genossen zu singen. Jetzt bin ich allein hier und du wahrscheinlich für immer verstummt. Wenn wir nur ein einziges Mal noch einen gemeinsamen Abend zu Queen verbringen könnten, dann hätte ich zumindest eine Chance mich richtig von dir zu verabschieden. Doch so bist du mit einem schrillen Schrei der Verzweiflung und Angst gegangen und ich kann mich nicht an deine letzten Worte erinnern. Für andere ist das bestimmt unbegreiflich, doch ich vermisse dich wirklich so sehr...  Du warst der Schlüssel zu so vielen wunderbaren Dingen, zu denen ich mir nun irgendwie anders Zutritt verschaffen muss, wenn ich sie genießen möchte. Trotzdem soll ich die Hoffnung nicht verlieren, sagte sie. Wunder sind wohl nie ausgeschlossen. Ich gebe mir wirklich Mühe, dich in meinem Kopf zu erhalten. So wirst du hoffentlich noch lange ein Teil von mir sein. 

Ich denke an dich, versprochen. 



Meine Stimme ist zweifellos den Heldentod gestorben. Wie ein Schild fingen die Stimmlippen Hitze und Dämpfe ab, und schützten damit meine Lunge vor einem Inhalationstrauma. Leider sind sie nun vernarbt und tragen Granulome.

Jetzt gilt es ganz viel Mut und Kraft aufzubringen, um das Beste aus der Situation rauszuholen. Vielleicht wird die Medizin mir eine neue Stimme schenken können und selbst wenn sie klingt, als hätte ich 50 Jahre Kette geraucht, dann verleiht sie meinen Geschichten doch am Ende nur den wunderbaren Charme eines alten Seemannes voller Lebenserfahrung. 

Ich freue mich so sehr auf den Tag, an dem das alles geschafft sein wird. 

29. August 2020

Ode an meine Beine





 

Ihr habt mich getragen wie es meine erste große Liebe tat.
- Manchmal wackelig, aber nie so, dass ich je befürchten musste zu fallen.
-durch weichen Strandsand an unbeschwerten Sommerabenden, aber auch über den mit Bluttropfen verzierten Boden mit eiskalten Füßen.

Ihr haltet mich ohne Mühe auf Augenhöhe mit anderen Menschen, sodass ich lernen kann, sie zu lesen, sie zu lieben, ihnen zu vertrauen, sodass sie mich auffangen, wenn ihr es einmal nicht mehr schafft.

Ich weiß, die Wege, die mich am meisten locken, sind zu oft bedeckt mit spitzkörnigen Kies oder schlammigen Lehm und ziehen ganz seltsame Schleifen. Doch ihr lauft sie einfach gemeinsam mit mir, ohne jegliche Pläne in Frage zu stellen. 

Ich schlage mir die Knie auf, laufe mir die Füße auf dem heißen Asphalt wund und lass mich nach dem zehnten gescheiterten Versuch einen Handstand zu machen, in viel zu nasses Gras fallen. Doch ihr steht immer wieder für mich auf, so wie es eine Mutter für ihr Kind tut, nur damit ich weiter meinen Ideen folgen kann. 

Wenn alles zusammenbricht, erlaubt ihr mir meinen Kopf auf euch zu legen und mich hinter euch zu verstecken, so wie es gute Freunde machen. Und wenn uns irgendwann mal jemand dumm kommt, dann werdet ihr ihm einen gehörigen Arschtritt verpassen.

Nach all den Sachen, die wir schon gemeinsam erlebt haben und all den harten Stürzen, die wir ganz locker überlebt haben, hoffe ich, dass ihr noch lange lange an meiner Seite bleibt. Schließlich sind wir gerade erst über Start gelaufen und ein Ziel ist noch lange nicht in Sicht.

28. August 2020

Über die letzten vier Wochen

 

Inmitten von Überlebenden kam ich zum ersten Mal an die Grenze meiner Empathie. Hinter ihr liegt die Schwere der Irreversibilität und Unschuld und alles, was mich auf der unbeschwerten Seite hält, ist ein dünner Vorhang aus Selbstschutz. Hoffentlich bricht er nicht unter dem stetigen Druck der mitleidigen Augen, die einen mit erstaunlich harter Milde auf die andere Seite ziehen wollen. An manchen Tagen liegen hier zwischen größter Lebensfreude und tiefer Verzweiflung nur zwei Blicke. Einer in die Vergangenheit und einer in den Spiegel. Doch kein einziges Mal wurde ich Zeuge der Schwäche. Im Gegenteil. Dieser Ort wird von Helden bewohnt und selbst, wenn sie sich nicht mal allein anziehen können, lassen sie es sich nicht nehmen, jenen, die ihnen ein besonders schweres Leben zuschreiben möchten, mit lächelnden Augen und bunten Masken den Mittelfinger zu zeigen. Bitte lasst euch niemals unterkriegen.  Weint, wann immer euch danach ist, aber nicht, weil die Gesellschaft blind für eure Schönheit ist. Die Tränen der Trauer sowie der Freude wässern mich und ich kann endlich über mich hinauswachsen.

31. Juli 2020

Willkommen Zuhause

Vor einigen Wochen fand ich es verrückt, wie mich nur wenige Sekunden so aus dem Leben zerren konnten. Doch heute bin ich schon wieder ganz bei mir angekommen und völlig fasziniert vom Prozess der Heilung. Er übt mich in Geduld und Optimismus, lässt mich mehr auf meinen Körper hören und auch, wenn ich liebend gern auf diese Erfahrung verzichtet hätte, so will ich sie nun trotzdem nicht missen. Mental bin ich gewachsen wie Unkraut, keine Frage. Plötzlich findet man Vertrauen in der Welt, sich selbst und der Zeit. Und doch kann ich vieles immer noch nicht greifen. Vor allem nicht die Sorgen, von denen alle reden.


27. Juli 2020

L.


Ich wollte nicht allein sein und so zog es mich wieder in die Gärtnerei. Feuchtes Gras zwischen den Zehen; die Lampe am Arm baumelnd, denn dieser kurze Weg ist am schönsten im Licht der Sterne. Das ist das wunderbare am Himmel. Ich muss nur hinausgehen, um mich in ihm verlieren zu können, so wie ich es in deinen Worten und Gedanken tat. Die Rosen ließen ihre Köpfe hängen und so tat ich es auch nachdem du verschwunden warst. Du hattest ihnen ein zweites Leben geschenkt und sie dann doch wieder allein zurückgelassen. So bedrückend dieses Bild auch war, ich musste lächeln, wenn ich diese geköpften Rosen in Shotgläsern entdeckte. Sie waren plötzlich überall und manchmal frage ich mich, wohin mich diese verblühende Spur geführt hätte, wäre ich ihr gefolgt. Doch ich war und bin viel zu klein, um deine weit über dem Horizont kreisenden Ideen greifen zu können.

25. Juli 2020

Über Tiefpunkte


Sie gehen tatsächlich vorüber. 
Nach nur 36 Tagen kann ich das Krankenhaus endlich verlassen und mein Glück immer noch nicht fassen. Jetzt beginnt das entscheidene Jahr. Doch ich bin ganz zuversichtlich, dass am Ende alles gut wird. 
Vielen Dank für all die lieben Worte. 

23. Juli 2020

Aus einer anderen Zeit

Über der Stadt liegt ein schwacher Graufilter und erstaunlicherweise bringt er den Sonnenuntergang erst so richtig zur Geltung. Die Lichter zeigen einen Weg durch die Wälder bis hoch auf den Berg. Ich sitze gegenüber. Über mir zeigen sich langsam die Sterne, Fledermäuse fliegen wirr hin und her und es ist ein bisschen als würde ich in einen Spiegel schauen. Ich sehe über das Tal hinweg und stelle mir vor wie ich selbst gerade auf dem gegenüber liegenden Berg ein spiegelverkehrtes Ich auf einer identischen Bank sitzt und mich anstarrt, weil es sich gerade ein Spiegelbild hier drüben auf meiner Seite vorstellt. Warum kommt sie nicht einfach rüber? Warum können wir nicht zusammen diesen wundervollen Ausblick genießen? Es ist gerade genau die Zeit, die ich so liebe... Nächte in denen die Sonne ewig nicht untergehen will. 

21. Juli 2020

Ich denke an dich

Wie erdrückend zu wissen, dass ich dir nicht helfen kann, wenn dir etwas passieren sollte. Wahrscheinlich würde ich nicht einmal davon erfahren. Dann würdest du den Kampf ohne mich kämpfen, obwohl ich dir zu gern ganz viel Kraft senden wollen würde. Alles was ich kann, ist zu hoffen, dass das Schicksal auf deiner Seite bleibt, alles gut wird und falls doch etwas sein sollte, dass ganz viele wundervolle Menschen an deiner Seite stehen werden. In Gedanken bin ich bei dir, auch wenn du nicht einmal mehr an mich denkst. 

20. Juli 2020

Ein neuer Feind

Ich habe dich so geliebt und tue es immer noch. Doch unsere Beziehung ist toxisch. Versteh' mich nicht falsch. Es liegt nicht an dir, sondern ganz allein an mir. Ich hoffe wir können Freunde bleiben. Lass mir nur noch ein paar Jahre zum Heilen, dann werde ich gewiss den Weg zurück zu dir finden. Ich möchte dich nicht den Rest meines Lebens missen. Bitte nimm' mir das nicht übel. Doch jetzt brauche ich erstmal Abstand, denn du machst mich krank.
Danke für die schöne Zeit
Mach's gut, liebe Sonne ☀

19. Juli 2020

Alles gut bei dir?

Sie nimmt meine Hände.
Siehst du manchmal vor dir, was damals passiert ist?
Kannst du dich an den Unfall erinnern?
Es geht nicht anders. Ich muss lächeln. 
Ich kann mich an alles erinnern, aber nur wenn ich möchte.
Was mich tatsächlich verfolgt, ist die Sehnsucht nach Freiheit.
Sie möchte die ganze Geschichte von mir hören. 
Doch ich kann nur von der ganzen Liebe erzählen, die mich immer noch umhüllt.
Ein kleines Meer aus Tränen will meine Augen schwemmen. 
Manchmal ist man zur falschen Zeit am falschen Ort. 
Doch das war ich nie. 
Ich war zu jeder Zeit in den richtigen Händen 
und noch nie zuvor habe ich mich so sicher in dieser Welt gefühlt. 
Sie lächelt. 
Unsere Augen werden glasig. 
Endlich kann jemand meine Worte greifen. 
Ich glaube wirklich, sie kann den Frieden spüren. 

15. Juli 2020

Nase zum Himmel

Fast ein Monat verging bis ich endlich wieder frische Luft atmen durfte. Die Sonne ist mein neuer Feind, doch im Schutz der Bäume und Wolken habe ich mich nach draußen gewagt.
Einatmen und Ausatmen. 
Mir fehlen die Worte. 
Ich will nie wieder reingehen. 

14. Juli 2020

Wie die kleine Meerjungfrau

Bisher nichts als Ungewissheit. 
Habe ich meine Stimme gegen eine zweite Chance im Leben tauschen müssen?
Warum ausgerechnet die Stimme? 
Weil mir die Beine blieben? 
Sie kehrt gewiss zurück, wenn ich es mir nur fest genug wünsche. Denn ich möchte es nicht missen zu reden, zu lachen, zu singen,... Zu jeder Zeit und an jedem Ort. Schließlich habe ich noch lange nicht alles sagen können. 
Ich möchte sie noch nicht beerdigen, keinen Abschied nehmen. Die Zeit heilt ja bekanntlich alle Wunden. Lieber denke ich daran, dass selbst, wenn sie für immer verloren ist, da draußen noch tausend andere schöne Dinge warten, die mir das Leben mindestens genauso sehr versüßen können. 

13. Juli 2020

Oxycodon

Ich schwebe einfach mitten im Raum und wenn mich doch irgendetwas trägt, dann muss das ein Wolkenbett sein. Wenn ich mich zurücklehne, falle ich ganz langsam in andere Welten. Süßigkeitenberge, die sich formieren als würde man sie durch ein Kaleidoskop betrachten; Menschen, die aufeinander gestapelt den ganzen Raum einnehmen und unzählige Welpen, die mich einhüllen in ihrer Flauschigkeit. Ich kann riechen wer den Raum betritt oder auch nur vorbeigeht und weiß genau, was welcher Duft bedeutet. Ich bilde mir ein, dass Menschen an mir werkeln. Doch einmal blinzeln genügt, um die Halluzinationen verschwinden zu lassen. Wenn es Nacht wird, versuche ich das Leben aus mir entweichen zu lassen und falle ganz schwer in viel zu realistisch wirkende Träume, in denen wir durch die Straßen ziehen und versuchen vor der Dunkelheit zu fliehen. Ich kann kaum unterscheiden was wirklich und was ein Trugbild meiner Gedanken ist. 
Du nimmst meine Hand und ich denke, du würdest mich aufpumpen mit Flüssigkeiten, die mich zum Platzen bringen werden. Noch bevor du mich wecken kannst, befürchte ich, du würdest mein Bett einnehmen und wenn du mit mir sprichst, dann brauche ich genügend Zeit, um zu begreifen, dass du tatsächlich da bist. Du bist einfach da oder eben nicht. Doch für mich bist du eine Gestalt in so vielen Formen. 

12. Juli 2020

Über meine neue Haut

Verrückt...
Mein Zuhause hat gebrannt und nun baut es sich aus dem Nichts wieder auf. Vielleicht nicht ganz allein, doch aus eigener Kraft mit etwas Starthilfe. Denn ich liege hier einfach nur rum und beobachte wie mir glänzend neue Haut und ein starkes Bewusstsein wachsen. Mein Körper war so lange meine Oase und nun fühlt es sich an, als würde er zu einem prächtigen Palast werden. Die Haare wachsen langsam nach und auch die tiefen Wunden schließen sich. Bald schon werde ich die wunderschönen Narben überall auf mir begutachten können und das schönste ist, mir blieb der Sinn des Fühlens erhalten. 

Nur morgen wird sich noch einmal entscheiden, ob eine weitere OP notwendig sein wird. Drückt mir die Daumen. Ich bin mir ganz sicher, dass ich auch allein heilen kann. Schließlich hat das schon einmal vor einigen Wochen geklappt. Ich muss nur fest daran glauben. 

11. Juli 2020

Sag es mir

Manchmal frage ich mich, was du sagen würdest, könntest du mich jetzt sehen. Wärst du stolz und würdest mir sagen, dass alles gut wird, oder würdest du weinen und den Kopf schütteln, weil die Angst so viel Platz in deiner Brust eingenommen hat? 

10. Juli 2020

Los los los

Ich kann es kaum noch abwarten, endlich wieder in die Welt zu ziehen. Ich will zurückkehren in die K20 und ich will wieder nach Harzgerode, aber diesmal mit der Mischwald-Crew und vor allem will ich dir noch weitere Botschaften hinterlassen, überall dort, wo wir so glücklich waren, damit du an mich denkst, wenn du unterwegs bist. Denn offen gesagt will ich jetzt noch weniger vergessen werden. 

9. Juli 2020

Blick nach vorne

Dieser Weg ist ein Labyrinth. Nur wenige Worte genügen, um mich komplett vom Weg abzubringen. Dann stehe ich plötzlich in einer Sackgasse voller Wehmut und es kostet mich viele, viele gedankliche Umkehrungen, um zurück zur Positivität zu finden. Doch es hilft nichts. Wenn ich diese schwierige Zeit überstehen möchte, muss ich einen klaren Kopf bewahren. Irgendwann werde ich mich wieder in Leichtigkeit wiegen können. Irgendwann werde ich diese Last von mir lassen und alles was bleiben wird, sind die wunderschönen Narben auf meiner Haut, die mich daran erinnern, dass ich alles andere als schwach bin. 

8. Juli 2020

Außerhalb der Intensivstation.

Meine Beine sind so dünn geworden, dass ich befürchte, sie könnten durchbrechen, wenn ich nur kurz ohne die Verbände durch den Flur laufe. Kaum zu glauben, dass sie mich immer noch tragen können.
Doch sie sind tapfer und so gingen wir nach all den Tagen Isolation endlich durch diese verdammte Eisentür als wäre sie nie ein Hindernis gewesen und ich sah zum ersten Mal, was hinter ihr lag... Noch mehr Krankenhaus. Jetzt nicht den Mut verlieren. Vielleicht werden gar nicht mehr so viele Wochen vergehen bis ich endlich den Ausgang hinter mir lassen kann und mich das (fast) normale Leben wieder in die Arme nimmt. Ich kann es kaum erwarten... 

7. Juli 2020

Noch mehr Dankbarkeit

Ich kann mich an so viele Sachen erinnern. Fast möchte ich behaupten an alles.
Wie oft stand jemand an meinem Bett und hat mir gut zugeredet. Meine Mama hat mir sogar aus "Folge dem weißen Kaninchen" vorgelesen. Philosophie, genau das, was man braucht, wenn man auf den richtig harten Betäubungsmitteln in sich selbst zurückgelassen wurde. Man hielt meine Hand. Alles wird gut, habe ich so oft gehört. Dann habe ich so viel geweint und ihr dachtet, es sei um meiner Lage wegen. Dabei war es pure Dankbarkeit. Mein Herz hat sich fast überschlagen, weil ihr euch so rührend um mich gekümmert habt. Und diese kleinen Nervenzusammenbrüche gingen mir besonders nah.
"Alexx, du hast schon so viel geschafft. Jetzt schaffst du das auch noch." und alles was ich dachte war... Nein... Tief in mir bin ich schon eine Omi. Ich schaffe das nicht so schnell.
Aber jeden Morgen kamen R. Und M. in mein Zimmer wie zwei Sonnenscheine, um mir den Weg zurück zu zeigen. Womit habe ich das verdient? 

6. Juli 2020

Wachkoma

Die ersten Tage nach dem 20. Juni und woran ich mich erinnere. 

Ich kann nichts machen. 
Um mich herum ist es immer dunkel. 
Ein Schleier hat sich über mich gelegt.
Keine Ahnung, was mit mir passiert. 
Ich will so gern sagen, was mir fehlt, aber ich kann nicht.
Das Schmerzmittel berauscht mich so heftig und ich träume auf einem neuen Level. Ich werde wie getragen durch die Zeit. Warte auf meine OP, in der Hoffnung, dass ich danach wieder Ich sein werde. Was soll das für ein Leben sein? Es fühlt sich an, als würde ich verdursten. Tatsächlich werde ich künstlich ernährt.
Ich wünsche mir so sehr, dass mich jemand aus diesem Loch zieht.
Holt mich ab aus dieser Tiefe. 
Auf einmal stehen fröhliche Menschen neben mir. 
Sie machen mir Mut. 
Sagen alles wird gut. Doch ich sehe mich noch nicht kämpfen. Ich sehe mich nur voller Angst, dass man mir nicht mehr helfen kann. Ich versuche mir vorzustellen, was das wohl für ein Anblick sein muss. Dabei dachte ich nach dem Unfall, dass das alles nicht so schlimm sein kann. Ich mache alles, was man von mir verlangt, versuche zu kommunizieren und am Leben zu bleiben. Nur für eine Sekunde denke ich, dass auch ein guter Tag zum Sterben gewesen wäre. Zum Glück reden sie mit mir. Sie lassen mich nicht allein in meiner Ruine liegen.
Plötzlich wieder alles dunkel.
Ich wache kurz auf und schau an mir hinunter. Die Haut ist ab, aber ich kann mich nicht sehen. 
Versuche die Arme zu heben, doch es fühlt sich an, als wäre fast nichts von meinem Körper übrig geblieben. Wie soll ich plötzlich nichts sein, wenn ich vorher so viel war, frage ich mich.
Sie heben mich mit Leichtigkeit auf einen harten Untergrund. 
Immer noch Wachkoma. 
Ich halte die Maske, die sie mir geben über meinem Gesicht, ohne es zu berühren.
Tief einatmen.
Tief ausatmen. 
Bald wird alles besser sein. 
Tief einatmen. 
Tief ausatmen. 
Nichts passiert. 
Jemand sagt: "Gute Nacht." 

Lieben und Atmen

Vor und zurück.
Von der Schleuse zum Fenster.
Vom Fenster zur Schleuse.
Fast normal laufe ich durch die Flure. 
Den Tränen nah, denn ich kann mein Glück immer noch nicht fassen. 
Ich habe das Leben so sehr geliebt, und man hat mir einfach ein Zweites geschenkt.
Wieder zur Schleuse
Und zurück zum Fenster. 
Da draußen spielt das ganz normale Leben, das mir innerhalb von Sekunden geraubt wurde. 
Zumindest pausiert es.
Nur ein Hieb des Lebens, der mich an meine Sterblichkeit erinnern sollte. 
Immerhin kann ich jetzt den Himmel sehen. 
Ich kann sehen.
Was für ein großartiges Geschenk.
Schleuse.
Fenster.
Mein Körper ist mein sicherstes Zuhause;
Und es ist vielleicht abgebrannt, 
doch aus der Asche baue ich mir eine ganz neue Oase, 
mit noch mehr Platz für all die schönen Dinge dieser Welt. 
Mehr Platz für Liebe und Dankbarkeit, mehr Platz für all die Sachen, die mein Herz mit Freude füllen.
Und natürlich mit Platz für all die Menschen, die mir aus ihrer Liebe und Unterstützung Krücken gebaut haben, damit ich so schnell wie möglich wieder auf die Beine komme. 
Zurück zur Schleuse. 
Wieder zum Fenster. 
Ein letzter Blick in den Himmel. 
Du hast mich so stark gemacht. 
Wieder ins Bett.
Ich schaue auf meine Arme. 
Die Lunge ist schon fast wieder sichtbar. 
Glücklicherweise trage ich diese Botschaft unter der Haut. 
Lieben und Atmen. 
Mir tut alles weh. 
Doch ich bin am Leben
Ich liebe. 
Und ich atme. 

2. Juli 2020

Aussicht

Ich schaue so sehnsüchtig in die Zukunft, wie noch nie. Ich vermisse so vieles.. Die Luft der Welt in meinen Lungen, Sonnenschein, der bis ins Herz reicht, Wind in den Haaren und das Gefühl von Gras auf meiner Haut, wenn ich mich in den Schatten der Bäume lege. Doch jetzt bin ich hier und die Zeit hält mich mal wieder in der Gegenwart. Es gibt keine Maschine, die mich das alles ungeschehen machen lässt und ebenso existiert keine, die mich zu dem Tag bringen kann, an dem diese Zeiten hinter mir liegen werden. Die Heilung will durchlebt werden und so warte ich hinter den riesigen Stahltoren und lasse mir dickes Fell wachsen. Danach werde ich ohne Zweifel die stärkste Version meiner Selbst sein. Auf zwei Beinen, stolz wie noch nie und meine Stärke auf der Haut tragend, werde ich diesen Ort verlassen. Dann soll auch der letzte Schmerz aus alten Tagen von mir fallen. Ich will nichts als Dankbarkeit in mir spüren. Dankbarkeit für die zweite Chance auf ein Leben voller wunderbarer Dinge, wie Kirschen vom Baum, lange Sommernächte an der Leine und Straßen, die nach tausend spannenden Geschichten duften. 

27. Juni 2020

Wie ein fucking Phönix

Ihr wunderbaren Menschen da draußen, die sich immer noch sorgen... Ihr seid meine Kraftquelle. Es geht mir gut. Das Schicksal hat es mal wieder gut mit mir gemeint und ich lebe immer noch und denke pausenlos an euch. Bitte bitte schickt mir weiterhin eure guten Gedanken! In weniger als einem Jahr wird das eine gute Lagerfeuergeschichte. Ich erzähle sie euch an meinem zweiten Geburtstag, dem 20. Juni. 

16. Juni 2020

Unter dem Apfelbaum


Der Himmel war so schön blau. Eine Schwalbe hatte sich zu mir verirrt und es roch nach Abenteuer. Doch eine merkwürdig anziehende Kraft zog mich zu Boden ins hohe Gras. So lag ich da und ließ mich Gedanke für Gedanke tiefer in Selbstmitleid sinken. Ja, ich versank. Es war gar nicht lange her, als ich an dich dachte. Du hast in mir eine Schnur gespannt zwischen dir und dem Himmel. Jetzt kann ich nicht mehr nur im Gras liegen ohne an dich denken zu müssen. War das deine Absicht? Es half auch nicht die Augen zu schließen, denn dann drehten die vergangenen Nächte Schleifen in meinem Kopf, formten Kreisel und immer wieder fand ich mich verzweifelt auf den Straßen, auf der Suche nach Halt und neuer Lebensqualität. Ohne Vorwarnung riss mich ein wunderbarer Mensch zurück in den Augenblick. Fröhlich und mit strahlenden Augen kam er in die Gärten, um mich abzuholen aus dieser völlig überflüssigen Trauer, als hätte er meine stummen Rufe gehört. Trotzdem frage ich mich nun, wie die ganzen Worte, die du mir noch nicht sagen konntest, jemals zu mir finden sollen.


19. Mai 2020

Startschuss für meinen Wanderuni-StudienGang

Die Schnürsenkel sind gebunden, der Rucksack gepackt und das Handy vorerst verbannt. Endlich geht's los! Nicht so planlos wie geplant, doch irgendwie werden sich die Wege schon verformen. Möge dieser Sommer eine lehrreiche und inspirierende Lebensbereicherung werden, die das ständig auftauchende Fernweh wieder für eine Weile stillt.
Ciao

16. Mai 2020

3 Tage noch (diesmal wirklich)


Offensichtlich träume ich nicht.
Übrig geblieben sind lediglich große Vorfreude,
Zuversicht und ein Hauch Aufregung.
Die erste Lektion kam von ganz allein,
ohne zu fragen, ob ich bereit bin.
War ich nicht.
Aber jetzt bin ich es.

11. Mai 2020

Planänderung


Der Ruf der Weite ist laut und trifft meist zielsicher mitten ins Herz.
Es ist kaum noch auszuhalten. Alles blüht, nur wir stehen still.
Ich kann nicht länger warten.
Meine Füße wollen loslaufen.
Dieses Haus steht am Anfang eines Spiels.
Die Regeln sind einfach.
Spanne einen Faden zwischen dir und jedem Menschen, Tier, Ort, Baum, Song...,
der dich mit Glück erfüllt und siehe zu
wie die Bänder zwischen der Welt und dir immer stärker werden.
Nur das Schicksal weiß, wohin uns der Wind tragen wird.
Wir sehen uns dort.

5. Mai 2020

Verwisch' die Spuren

Die Dunkelheit will mich einholen. Doch das kleine Licht an meinem Lenker flackert mit aller Mühe, um mich vor dem Nichts zu bewahren. Hast du es geahnt oder gar gewusst? Ich sehe dich, klar. Doch die Angst ist größer als die vor der Fremde. Wenn wir uns begegnen, dann auf einem Schlachtfeld zwischen den Trümmern einer Stadt aus Träumen; Gierig nach versteckten Schwächen und Bestätigung. Lass mich vergessen, den Frieden in mir ruhen, anstatt den Staub aufzuwühlen, als müsse ich Verantwortung tragen für all das, was ich tat, als ich blind über diese Wiese voller Minen spazierte. Lass mich den Frühling genießen nach dem eisigen Winter in den Tälern, in denen hinter jedem Gestrüpp die Einsamkeit lauert. Lass mich allein balancieren auf dünnem Draht. Denn ich kann es am besten freihändig und wenn ich falle, dann schau einfach weg. Es gibt keinen Grund, um wegzulaufen, aber wenn mir danach ist, dann verwische ich die Spuren.

29. April 2020

.

Irgendwo zwischen blauen und grünen Flecken, 
kann ich deinen Puls fühlen,
aber kaum Leben. 
Diese unsichtbare Masse legt sich auf deinen schmalen Körper,
drückt so schwer auf die Lungen,
dass der letzte Hauch Hoffnung entweicht,
sich im Wind verliert,
vielleicht auch augenblicklich erfriert.
Sie wird dich unter sich vergraben,
 einbetonieren, gänzlich verschlingen.
Kein Zucken, kein Laut, 
aber Erleichterung 
in deinen liebenden Augen. 
Der letzte Kampf ist vorüber.

26. April 2020

Frage #35 // Welche Orte möchte ich (nochmal) besuchen?

-der See im Wald, unweit der Straße, die ich so oft mit meinen Freunden entlangfuhr
-der Garten, in dem erst meine Oma mir, anschließend ich meiner Oma, das Inlineskating versuchten beizubringen
-die ewig weiten Felder in Dänemark, über die wir bei Sonnenuntergang rannten
-der kleine Spielzeugladen an der Seine
-der Steinstrand, an dem ich mich damals endgültig in das Meer und die Freiheit verliebte
-die Allee an der Leipziger Messe, in der wir uns verewigten
-das Windrad weit hinter der Einbahnstraße
-die Wiesen und Felder hinter der Kiesgrube, auf denen ich die bunten Kiefernsprößlinge und mit Wasser gefüllten Schirmpilze fand
-der kleine Park gegenüber meiner alten WG
-der grün geflutete See
-auf die meergeküssten Klippen
-zu der Lichtung zwischen den Mammutbäumen
 - weg-

16. April 2020

Weggeschwemmt

Nicht einmal der modrige, nasse Duft des Ufers kann mich noch wach halten. Wie weit würdest du mich tragen, werter Fluss, wenn ich auf dir schweben könnte, wie die Blätter es mir vormachen? Hoffentlich bringt der Regen eine kleine Flut mit sich, greift nach meinem Moosbett am Ufer und trägt es in ein Paralleluniversum, in dem sich Mensch tatsächlich an Verstand und Gefühl bedient. Mit jeder kleinen Welle wird der Staub der Stadt weggewaschen bis nichts mehr übrig bleibt. Weder von gestern, noch von mir. Wir werden einfach von wirren Träumen aufgesaugt.


12. April 2020

Gestern

Als ich gestern Abend auf der Wiese am Westhang lag und der Sonne zusah, 
wie sie über den Berg wanderte, 
um schließlich hinter dem Horizont zu verschwinden, 
dachte ich ganz kurz an die Tage, 
die ich nur mit Warten verbrachte.
Warten auf das Wochenende.
Warten auf den Sommer.
Warten auf Antworten.
Lächerlich, sagte ich mir, warum soll jetzt kein guter Moment sein,
 um mich zu vergewissern, dass es dir gut geht? 
Da gesellte sich ein Tagpfauenauge zu mir. 
Das war kein Moment der Schwäche. 
Es war der Tiefpunkt meiner Stärke, Stimmt's? 
Er zog weiter.
Die Zweifel begannen sich gegenseitig aufzufressen,
bis nur noch wenige Riesen übrigblieben.
Erstaunlich laute Flattergeräusche hinter mir...
Ihr seid euch so ähnlich.
Flüchtig und ungreifbar.
Sanft und leise.
Hast du aufgehört zu trinken,
oder warum schreibst du mir nicht mehr tief in der Nacht
von warmen Orten und süß duftender Freiheit?
Der Tagpfauenauge schwieg.
Du dachtest wohl, ich würde auf deine Antwort warten?
Nein, ich liege hier nur wegen des Sonnenuntergangs.


8. April 2020

Frage #51 // Warum liebe ich es so sehr allein zu sein?

Wie die Tür zu einer Wohnung kann man sich für die Außenwelt verschließen. Einkehren in ein gemütliches Zuhause und machen, was immer man für angebracht hält. Sich zurücklehnen und ruhen, aufräumen oder verarbeiten, was man schon so lange vor sich herschiebt. Bin ich in mir, dann finde ich endlich Zeit zuzuhören. Zu oft vergesse ich, dass mein Herz bereits die Antworten auf meine Fragen kennt. Doch die Stimmen der Gesellschaft sind meist lauter als die, von Körper und Geist. Allein ist es absolut nicht vorwurfsvoll sich mit Musik über Verlust und Sehnsucht in eine angenehm triste Stimmung zu versetzen, die sich hervorragend eignet, um sich melancholisch in der Vergangenheit zu wiegen. Allein, kann ich mich motivieren. Allein fühle ich mich am stärksten. Ungestörte Tagträume, freies Fühlen, weil alles Berechtigung findet, sei es Wut, Trauer, Freude oder Verzweiflung. Alte Briefe lesen. Neues ausprobieren und lehrreiches Scheitern ohne Publikum. Spazieren, den Weg ganz intuitiv wählen, erst in den Himmel, dann wieder hinunterschauen und schließlich bemerken, dass man zumindest in seinem eigenen Herzen bereits einen Platz gefunden hat. Alleinsein kann wirklich ein Segen sein, solange man nicht einsam ist.

7. April 2020

Über die Liebe meines Lebens



Hier oben am Hang verbringe ich nun die Tage, blicke hinunter ins Tal und geradezu in den Himmel. Die Sonne brennt die Trübheit des Winters von meiner Haut, während ich begreife, wie endlich meine Freiheit ist. Dachte ich vor Kurzem noch die Mauern wären niedrig. Schließlich, so kam es mir vor, könne ich darüber hinwegsehen. Doch was sich am Horizont zeigt, ist doch nie das Ende der Welt. Als wäre mir das alles fremd gewesen. Nun, wo sie vor mir liegen, heben sich die Grenzen plötzlich ganz deutlich ab.

Schritt für Schritt nährt sich der Klippenrand. Dahinter die Felswand und irgendwo da unten die Straße. Die Arme weit, nur mit den Zehenspitzen den Boden berührend, bleibe ich stehen, anstatt einfach wegzufliegen. Doch ich spüre deine Anwesenheit.


Jetzt können wir uns also endlich in die Augen schauen, liebe Freiheit. Nur du und ich, und die Ketten, die mich festhalten. Wann waren wir uns zuletzt so nah? Du flüsterst mir ins Ohr: "Ich bin nur deine Utopie, wir werden uns niemals berühren können" und ziehst erneut an mir vorbei, ohne mir nur einen einzigen Kuss zu geben.



6. April 2020

Aus dem Zusammenhang gerissen

Der Wind war kühl, die Stadt laut und alles um uns herum dunkel gefärbt. Irgendwo weit hinter den Häusern zog sich der Tag zurück und überließ die Welt den Schatten. Nur meine Beine folgten, hielten mich an deiner Seite. 
Was wäre, wenn...? Nein. Lass es los. Die Zeit rennt. Hier die Chance. Nun greif' sie doch endlich. Was? Ich will dir nur noch etwas folgen. Wo sind wir? 
Mist, schon wieder verkopft. 

5. April 2020

Ausgebliebene Rebellion



Früher kannte ich dich besser. Du warst hochexplosiv. Tagsüber leise und nachts laut. Blasse Bilder von kontrastreichen Träumen. Die Haare wie deine Gedanken meist wild. Doch du bist irgendwo abgetaucht, eins geworden mit dem Schatten, hinter dem du dich versteckt hast. Bei Sonnenschein suche ich nach jemanden, der die Nacht liebt. Natürlich begegnen wir uns nie.


2. April 2020

Willst du nicht noch bleiben?

Ein Jahr später liegen mir deine Worte wieder schwer im Hals.
Wir trafen uns erst an der Tür.
Ich war bereits fest entschlossen zu gehen.
Es wäre so leicht gewesen noch einmal umzudrehen,
aber ich ging.
Und so tatest du es auch,
nur stumm und in eine völlig andere Richtung.
Als ich dich bat zu bleiben,
nichts als Stille.



31. März 2020

Ist das etwa Glück?

Würde mich diese rasend schnelle Zeit in meinem kurzen Leben nicht ständig bremsen, würde ich Liebesbriefe an all die Menschen schreiben, die ich niemals kennenlernen darf, egal wie sehr ich es mir auch wünsche. Doch das Schicksal meint es gut mit mir. Gefühlt durfte ich stets genau die richtigen Seelen treffen. Was muss ich tun, damit das so bleibt?


28. März 2020

Entlastung, die Zweite.

Mach' dich auf einen fetten Haufen unausgesprochener Worte gefasst. Ich habe endlich damit begonnen sie niederzuschreiben, um sie nicht der Vergessenheit zu überlassen. Sie müssen einfach in die Welt hinausziehen. In meinem Kopf wiegen sie nur zu schwer. Aber keine Sorge, sie sind ganz warm und hell. 

27. März 2020

Rückkehr





Eine zweitägige Gedankenreise liegt hinter mir. Doch ich habe nicht das gesehen, was ich sehen wollte. Nächstes Mal muss ich definitiv mehr Anlauf nehmen, mich mit mehr Schwung in dieses Abenteuer stürzen. Wie sagt man so schön? ~Über seinen eigenen Schatten springen. Wo ist das Vertrauen zu mir auf einmal hin? Ich weiß doch schon längst, dass ich diese Distanz gar nicht mehr brauche. Mein Herz weiß ganz genau, was es möchte. Keine Angst, aber Respekt, sagst du immer. Doch Respekt hat mich noch nie daran gehindert auch in den tiefsten Ecken der Vergangenheit zu graben. Vermutlich fehlt mir doch die richtige Umgebung. Ich würde so gern den ganzen Weg noch einmal ablaufen und am allerliebsten würde ich mich mit den Menschen von damals an die Elbe setzen und in Erinnerungen stöbern, wie in einem alten Tagebuch.


26. März 2020

Über die ewige Unzufriedenheit // Eine kleine Schaffenskrise



 Es gibt noch so viel zu lernen. Die Stunden des Übens ziehen vorüber ohne merkbare Besserungen. Der Prozess ist so kleinschrittig, man hat manchmal das Gefühl sich rückwärts zu bewegen. Gab es nicht schon einmal Zeiten, in denen ich besser war? Wie oft entferne ich mich von meinem Ziel, in der Zeit, in der ich ihm nur zwei Schritte näherkomme. Wo habe ich meine Motivation verloren und wo genau liegt überhaupt mein Ziel? Existiert ein erreichbares Ende des Lernens? Perfektion ist doch nur eine Illusion. Ein undefinierter und unerreichbarer Standard, dem wir uns gern aneignen würden. Wenn Vollkommenheit wirklich sein sollte, wer hat sich dann bitte das Recht angeeignet, anderes als unvollkommen zu betiteln? Wahrscheinlich sollte ich mich wieder mehr der Liebe zum Scheitern  widmen, hat sie mir doch in der Vergangenheit schon so viel lehren können.






 

23. März 2020

Tausende Gedanken, aber nichts zu sagen

Woran ich mich hauptsächlich erinnere, 
sind zwei Ertrinkende, 
die aneinander Halt suchen
 und sich in die Tiefe ziehen.
Vielleicht war dort noch viel mehr,
vielleicht auch viel weniger.
Ich wusste selten,
wann ich wach war
und wann ich schlief.


21. März 2020

Frage #11 // Was würde ich einen Allwissenden über mich fragen?

Bin ich stark genug, um mich stets erneut auf die Suche zu begeben, nachdem ich mich mal wieder verloren habe?

19. März 2020

Über das Warten


Versteh' mich nicht falsch. Wenn ich könnte, würde ich ewig barfuß im Fluss verweilen. Man fühlt sich so wunderbar lebendig, das Wasser an den Knöcheln entlang fließen spürend. Das Rauschen ist so laut und beruhigend zugleich. Doch meine Füße werden kalt und ich kann dich gar nicht mehr am Horizont sehen. Deine Stimme ist längst verklungen. Dein Gesicht nur noch eine schwache Erinnerung. Wann hast du zuletzt für mich gelächelt? Wann sahen wir zuletzt die Heide? Lass mich wissen, ob es dir gut geht. Aber lass mich ruhig für immer auf deine Rückkehr warten. Ich liebe diesen Ort und möchte es mir nicht nehmen lassen voller Erwartungen in die Zukunft zu blicken.