6. Juli 2020

Wachkoma

Die ersten Tage nach dem 20. Juni und woran ich mich erinnere. 

Ich kann nichts machen. 
Um mich herum ist es immer dunkel. 
Ein Schleier hat sich über mich gelegt.
Keine Ahnung, was mit mir passiert. 
Ich will so gern sagen, was mir fehlt, aber ich kann nicht.
Das Schmerzmittel berauscht mich so heftig und ich träume auf einem neuen Level. Ich werde wie getragen durch die Zeit. Warte auf meine OP, in der Hoffnung, dass ich danach wieder Ich sein werde. Was soll das für ein Leben sein? Es fühlt sich an, als würde ich verdursten. Tatsächlich werde ich künstlich ernährt.
Ich wünsche mir so sehr, dass mich jemand aus diesem Loch zieht.
Holt mich ab aus dieser Tiefe. 
Auf einmal stehen fröhliche Menschen neben mir. 
Sie machen mir Mut. 
Sagen alles wird gut. Doch ich sehe mich noch nicht kämpfen. Ich sehe mich nur voller Angst, dass man mir nicht mehr helfen kann. Ich versuche mir vorzustellen, was das wohl für ein Anblick sein muss. Dabei dachte ich nach dem Unfall, dass das alles nicht so schlimm sein kann. Ich mache alles, was man von mir verlangt, versuche zu kommunizieren und am Leben zu bleiben. Nur für eine Sekunde denke ich, dass auch ein guter Tag zum Sterben gewesen wäre. Zum Glück reden sie mit mir. Sie lassen mich nicht allein in meiner Ruine liegen.
Plötzlich wieder alles dunkel.
Ich wache kurz auf und schau an mir hinunter. Die Haut ist ab, aber ich kann mich nicht sehen. 
Versuche die Arme zu heben, doch es fühlt sich an, als wäre fast nichts von meinem Körper übrig geblieben. Wie soll ich plötzlich nichts sein, wenn ich vorher so viel war, frage ich mich.
Sie heben mich mit Leichtigkeit auf einen harten Untergrund. 
Immer noch Wachkoma. 
Ich halte die Maske, die sie mir geben über meinem Gesicht, ohne es zu berühren.
Tief einatmen.
Tief ausatmen. 
Bald wird alles besser sein. 
Tief einatmen. 
Tief ausatmen. 
Nichts passiert. 
Jemand sagt: "Gute Nacht." 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen