30. Dezember 2021

Lose Bedeutung

 Meine Beine sind angespannt und zappelig. Irgendein Teil von mir sendet ihnen Impulse, schleunigst von hier zu verschwinden. Doch der Wille ist da und gibt nicht nach. Der Drang, immer wieder vor allem wegzurennen, muss sich beugen. Zwar unter Zwang, denn ich muss ihn mit aller Kraft unterdrücken, aber heute scheint die Disziplin zu gewinnen. 

Du sitzt mir gegenüber und legst mit spielerischer Leichtigkeit alle Karten auf dem Tisch. Klar, du hast ja nichts zu verlieren. Vielleicht bist du auch gespannt, wie ich mich in dem, was gleich kommt, festigen oder verlieren werde. Ob ich den Impuls völlig aufsaugen oder verzweifelt zurückspielen werde. In deinen Augen kann ich allerdings schon längst erkennen, dass du nicht hier bist, um mich aufzufangen, sondern für den Fokus. Reiß' dich zusammen, fokussiere.

 Was fehlt, ist der Mut, die Karten aufzudecken. Werden sie mich warnen, zu selbst wählbaren Glück dirigieren oder Fäden spannen, sodass mich das Schicksal auch aus der Ferne fest im Griff hat. Habe ich mir diese Ketten bereits angelegt oder kann ich ihnen noch entkommen, in dem ich dich zwinge, alles zurück auf die Hand zu nehmen und neu zu mischen? 

Als ich fragend in die Leere schaue, fällt mir glatt wieder ein, dass du nur eine Illusion bist. Wiederkehrend, aber alles andere an treu. Nun sitze ich wieder alleine hier und mit dir verschwindet die größte Lichtquelle im Raum. Nur mit meinem Schicksal zurückgelassen, lege ich den Kopf auf den Tisch und frage mich, wie ich mit dem Ergebnis umgehen will. Könnte ich ignorieren, was mir nicht passt, oder werde ich mich daran verbeißen? Vielleicht habe ich auch ein großes Los gezogen und bemerke es nicht einmal. 

Die Karten warten und Dunkelheit macht sich breit. Unter deinen wartenden Augen, würde sich die Zeit sicherlich nicht wie Kaugummi ziehen. Ich könnte schlechte Witze machen und den Moment derartig ins Lächerliche zerren, dass es für immer unmöglich wäre, das Wesentliche in ihm wahrzunehmen. Nun gut, ich raffe mich auf und drehe die erste Karte um.
Sie ist leer. 




28. Dezember 2021



Im Schutz der Dunkelheit schleiche ich gern über die alten Schienen bis hoch an den Waldrand. Die Schuhe durchnässt vom hohen Gras und die Ohren gefroren vom Wind, der durch's Tal fegt. Wenn ich hier oben jemals einem anderen Menschen begegnen sollte, hoffe ich, nicht die Person zu sein, die im Licht der letzten Laterne wie auf einem Präsentierteller steht. Hier oben ist nur Platz für einen Creep.





24. Dezember 2021

Von Lektionen, in denen man schnell Kreise läuft

Geballte Fäuste und das taube Gefühl von Machtlosigkeit. 
Bitte komm´ noch einen Schritt zu mir heran.
In einem Kinofilm nur für uns beide,
bieten wir uns den Zweikampf unseres Lebens. 
Lass uns gegenseitig den ganzen Mist aus den Köpfen schlagen.
Ich gebe alles, aber bitte hör nicht auf.
Willst du nicht auch unbedingt dieses triumphierende Gefühl spüren,
die letzte Person zu sein, die bewusstlos am Boden liegt?
Doch versprich mir, wenn es noch nicht vorbei ist,
dann stehen wir bald wieder auf und rennen
bis endgültig nichts mehr von uns übrig ist. 

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Zwischen dem ganzen weihnachtlichen Krams, mit dem ich immer noch nichts anfangen kann, hast du mir anscheinend ganz beiläufig wieder beigebracht zu fühlen und dankbar zu sein. Als du mir heute stundenlang Bruchstücke deiner Vergangenheit erzählt hast, konnte ich mich kaum bewegen. Krieg, Terror und Flucht haben mich wieder schmerzlich getroffen, aber ich hörte dir gern zu. Die Geschichten bewegen mich, ohne dass ich mich von ihnen erholen muss. Nicht, weil sie ein Happyend haben, du sie beschönigst oder die bitterer Details weglässt. Aber während du sie erzählst, bist du ein sicherer Hafen für alle die zuhören dürfen und machst vor, wie wir es besser machen können. Du bist hier und du sagst genau, was ich hören muss. Meine privilegierte Wut schürt sich an dem Punkt, als ich feststelle, dass auch ich wieder weniger von Hass und mehr von Mitgefühl und Wertschätzung erzählen möchte. Da ist immer noch so viel zu begreifen und vieles, was längst klar war, muss in ein neues Konstrukt gebastelt werden.

5. November 2021

tick

Warte kurz.
Weißt du noch, wo wir hinwollen?
Ich habe meinen Fokus in den Trümmern verloren,
suche Unterschlupf, anstatt einen Ausweg.
Merkst du, was gerade passiert?
Deine Zeit läuft ab.
Fragst du dich gar nicht,
wie lange wir hier noch sicher sind?
Die Luft wird immer dünner,
Bleiben immer schwieriger.
Ich weiß nicht,
wohin mit mir,
wenn uns bald alles um die Ohren fliegt.
Gehst du weiter,
oder bleibst du stehen?
Der Regen wird die Sicht auf die Dinge klären,
aber erst die Distanz wird
das Ausmaß dieses Chaos' zeigen.




25. Oktober 2021

Oder?


 Unsere Erinnerung täuscht uns womöglich. Aber ich frage mich immer noch, ob ich mich nochmal auf der Parkbank wiederfinden wollen würde, um den Moment Revue passieren zu lassen. Noch einmal die ganze Woche in kleinen WG-Zimmern zwischen Sonnenuntergängen auf dem Balkon und Nadel und Tinte auf dem Schreibtisch verbringen. Sag mir Bescheid, wenn du dich mal wieder fallen lassen möchtest. Ich warte solange hier unten. 



4. Oktober 2021

wake me up when september ends

Ich bin noch immer leicht betäubt von der letzen Nacht in der Jurte. Es war so stürmisch, dass sich eines der Seile löste und unermüdlich auf die Dachplane donnerte bis der Wind kurz vor Sonnenaufgang endlich nachließ. Es war nicht die kälteste Septembernacht, aber die Yogamatte und der gute alte DDR-Schlafsack hielten mich irgendwie wärmer, als wir noch gemeinsam in unserem eigenen Zelt lagen. Der Herbst war endlich so spürbar nah und fast hätte seine eiskalte Härte einige meiner Erinnerungen an dich entrissen. Doch er ließ sie für die angenehm melancholische Stimmung, in der ich mich in stummer Hoffung wiegen konnte, zumindet einen Platz in deiner Kunst sicher zu haben. So fand ich unerwartet erholsame Ruhe in secondhand Träumen, ausgedachten Gedanken und dem sanften Atmen einer ganz neuen Idee.





 

26. August 2021

Der erste Morgen

 

Feuchte Erde, schwere Wolken und kalte Nächte. Tagelang.
Der Regen an der Zeltwand singt mich leise in den Schlaf.
Wann war ich das letzte Mal so müde?
So tiefentladen.
Erwarte ich zu viel von der Welt oder sie zu viel von mir?
Was ist das nur für ein merkwürdiger Sommer.
Erinnerungssequenzen formen die Geschichten neu
und am Ende neutralisiert sich mein Gemüt,
als sei mein bisheriges Leben nur ein Traum gewesen. 

Mit dem Blick nach links, seh ich die Haut von meiner Hand fallen.
Ich kann immer noch spüren wie sich mein Gesicht ablöst und in gefühlt nie endender Dunkelheit versteinert. Ich seh dich neben mir hocken, während sich deine Knie schälen wie halbtrockener Wachs.  Der trockene Geschmack von Ruß und Schläuchen liegt mir unverkennbar auf der Zunge.

Ein Fuchs schleicht um mein Zelt herum. 

Egal wie viel Holz wir nachlegen, das Feuer wird die Nacht nicht für immer andauern lassen. In ein paar Stunden sind wir wieder Fremde, aber ich bewahre deine Tränen in einer winzigen Schatzkiste auf. Die Worte, bei denen deine Stimme zitterte, sind die einzigen, an die ich mich erinnern kann. Es tut mir so leid. Klar, ich hatte nach dir gesucht, aber nur, um nicht allein den Grillen lauschen zu müssen. Bitte vergiss die Herzschläge und meine Engstirnigkeit.

Es raschelt unter meinem Kopf, aber ich traue mich nicht, mich zu bewegen. Wie eisig ist dieser August?

Ich seh dich schon von Weitem auf mich zurennen. Diese Mähne ist unverkennbar. Wie oft habe ich mich darin verloren, wenn du mich völlig fertig durch den Tag getragen hast. Die Entfernung zwischen uns will einfach nicht enden. Ich laufe dir entgegen und du fällst mir endlich in die Arme. Am liebsten würde ich mich einfach fallen lassen, in der Hoffnung, dass wir in einem anderen Universum landen.

Wo ist meine Kapuze... Mein Kopf gefriert.

Zwischen Sonnenauf- und -untergang lagen wir neben den Rädern im Gras und schauten in den Himmel. Zu beschäftigt die perfekte Geschichte zu schreiben, um den Moment zu genießen. Zu blind für die Realität, um die blauen Flecken nicht ausschließlich als Kunst zu betrachten. Hab ich auch davor schon so tiefe Narben mit mir getragen?

Es scheint hell zu werden. Ich muss mich finden.
Als ich aus dem Zelt steige, blendet mich unerwartet die Sonne.
Es riecht nach Nadelhölzern und Moos.
Zwischen den Ästen der Bäume glitzert es orange.
Endlich.
Das ist der neue Tag.



28. Juni 2021

müde, aber lebendig

 Heute vor einem Jahr lag ich stumm in meinem Krankenbett im BVZ und zum allerersten Mal wurden meine Verbände gewechselt. Es war mit Abstand der schlimmste Schmerz, den ich jemals gespürt habe, aber ich habe mich zweierlei gefreut. Zum Einen, weil das Jelonet an meinen Beinen wahnsinnig schön aussah. Es war verrückt bunt gefleckt - gelb, rot, blau und sogar grün. Zum Zweiten, weil mir vorerst eine zweite OP erspart blieb. Heilung kam mir vor wie ein Prozess, der sich wie von selbst vollzieht. Ganz nach dem Motto: Ich bin viel zu stark und selbstbewusst, als dass mich diese kleine Feuerwand aus den Latschen hauen könnte.

Naja. Nun sitze ich hier, mit der Gewissheit, dass noch 2-5 OP's vor mir liegen und bin glücklich über die radikalen Schritte nach vorn, aber auch so unglaublich müde. Müde mir Gedanken darüber zu machen, wie andere Menschen mich sehen werden, wenn ich meine Narben nicht mehr unter der Kompression verstecken muss. Müde vom Reden, nachdem ich so lange Schweigen musste und müde die anderen vor der unangenehmen Wahrheit zu schützen. Nichts an dieser Geschichte ist rosig, bisauf die Art, wie ich sie erzähle, weil ich kein Bock habe in einer Opferrolle zu versinken. An einem Tag wie heute, will ich jeden Atemzug genießen, mir vor Augen halten, dass es nur bergauf gehen kann und Pläne für den Sommer schmieden - Der perfekte Anlass, um mein aktuell größtes Defizit zu feiern: die immer noch hypertrophe Narbe an meinem Hals.

An mein Schein-Doppelkinn,
Du bist eine wahre Diva,
Während sich all die anderen Narben relativ unauffällig verhalten,
machst du es mir schwer, mich selbst als normal zu betrachten.
Dein plötzlich stechender Schmerz fühlt sich an,
als würde mir jemand die Kehle aufschlitzen wollen.
Du bist nervig und beängstigend,
Mein Hals ist eine einzige Ruine,
das weißt du mit Sicherheit
und trotzdem lässt du dir besonders viel Zeit,
um zu heilen.
Wärst du enttäuscht, wenn man dir mit einer W-Plastik
etwas nachhelfen würde?
Oder gönnst du mir das schöne Zickzack-Muster?
Ansonsten trennen wir uns im Herbst.
Ich will mir nicht den Tag von dir verderben lassen,
du olle Dorfzicke.


8. Mai 2021

Fall der Ruinen

Dieser Ort wirkt nach außen wie eine Geisterstadt. Doch der Trubel verbirgt sich in den Kellern und Gassen; stets bereit sich in die kleinsten Winkel zurückzuziehen, wenn wieder mit Steinen geworfen wird. Die Zeiten sind rau. Wut und Trauer ziehen gemeinsam in den Krieg und ich kann nicht erkennen, ob ich noch auf meiner Seite stehe. Die Rebellion lässt sich kaum noch ignorieren. Mitten im Sturm, unter orange und dunkelgrauen Wolken, hart schlagenden Regenfäden und meiner Unlust mich nach Hause zu beeilen, haben sich ihre Ketten gelöst. Nun stürmen sie völlig unbewaffnet in dieses ruinöse Labyrinth aus leeren Straßen und unverputzen Fluren, bereit alles zu erschlagen, was ihnen begegnet. Sie erreichen meine Festung und ein Teil von mir hilft ihnen über die Barrikaden. Trotzdem kein Grund nachzugeben. Ich ziehe mir die Sturmmaske über, schleiche mich aus meinem Versteck und reiße auf der Flucht nach draußen höchstpersönlich alle Balken, an denen ich vorbeikomme, nieder. Auf diesem Schlachtfeld gibt es schon lange nichts mehr zu retten. Denn im Kampf - ich gegen mich-, haben wir viel zu spät erkannt; dass die Anderen in jedem Fall gewinnen werden.

24. April 2021

deleted

 In schleifenziehenden Zeiten würde ich mich am liebsten in deinem alten Zimmer verbarrikadieren; Alleinsein in hellgrau verträumter Trance mit Stiften, den Ideen und unfertigen Bildern, die du zurückgelassen hast; allein und frei zwischen den hölzernen Balken und den knarrenden, kalten Dielen unter den Füßen, während die Sonne nur ganz leicht über die Dächer streift.
Du bist ein bisschen zu viel von mir und ich ein bisschen zu wenig von allem. Kann ich nur für einen Tag und eine Nacht Schutz in den Engen der Stadt finden? Ich will die Zeit nutzen, um die ganzen Gedankenfilme endlich in etwas Bedeutungsloses wie Kunst zu bündeln; Träume, die ich nur auf dich projiziere, zurücklassen und ein Stück freiheitliche Leere zurückgewinnen.
Du hättest es mir nie sagen dürfen. Es hat sich an mich geheftet und ist verwachsen;
aber wenn ich noch einmal die Gelegenheit hätte, dich alles fragen zu dürfen, dann würde ich es trotzdem gern mit deinen Worten hören. Leise, sich im Lärm der Straße wiegend und flüchtig ungezügelt. 


16. April 2021

"Bist du wach?"

Sag lieber nichts, rühr' dich nicht und atme ganz normal weiter.
Ich bin mit ziemlicher Sicherheit nicht die Person, die dich zurück in greifbare Strukturen begleitet. -Sondern viel mehr eine Schlafparalyse.-
Du kannst dich nicht wehren, und wenn du dich bereits in meine Arme gelegt hast,
dann bleibt für diesen Augenblick keine Möglichkeit, um zu entfliehen.
Bleib' ganz ruhig und lass dich fallen.
Wir reisen heute Nacht in die etwas abgelegeneren Orte deiner Träume.
Der Fall ist schnell und donnert in den Ohren,
aber keine Sorge - alles ganz normal.
Du bist Expertin im Verdrängen, stimmts'?
Alles was du hier siehst, ist nichts anderes als die unschönen Gedanken,
an die du dich schon vor Langem gewöhnt hast.
Bitte? Du meinst, nichts davon sei real?
Natürlich nicht, es sind nur Abbilder.
Ich bin unter Umständen auch nicht real,
aber du bist es.
Fallen wir noch oder schweben wir schon?
Scheint, als seien deine Abgründe bodenlos.
Du greifst nach Spiegelbildern deines alten Ich's,
und ich falle weiter.
Draußen ist es dunkel.

"Bist du wach?"

"Ja."

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27. März 2021

blass und blauäugig

Ich wünschte ich hätte zu den richtigen Zeitpunkten
weniger und mehr Stille gelassen,
wäre nicht immer so flüchtig und kalt gewesen.
Vielleicht hättest du dann all deinen Mut zusammengenommen
und die Gedanken ausgesprochen.
Aber ich bin dir nicht weiter gefolgt, egal wie oft du an der Schnur,
die wir ganz provisorisch zwischen uns gespannt hatten,
gezogen hast.
Ich blieb ganz bei mir, aus Angst den falschen Weg zu wählen.
Dann habe ich den Faden verloren
und fand nicht mehr zu dir zurück.
Es bleibt nur die Frage,
ob dir mein Fehlen überhaupt aufgefallen ist
oder dir kalt wird, wenn du an mich denkst.




25. März 2021

Gezeichnet

 Über die letzten Wochen ist mir ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Ich kann endlich sehen und verstehen, dass alles gut wird. Ich kann mir meine Narben ansehen und voll darauf vertrauen, dass ich sie bald schon genauso aufrechtig lieben werden kann, wie mein Verhältnis zur Melancholie. Natürlich ist fraglich, wie viel Zeit noch vergehen muss, eh ich euch der ganzen Welt voller Stolz vorstellen darf. Ihr seid so ca. 20% meines Äußeren. Teilweise noch sehr dick mit feinen Äderchen wie Bäche im Gebirge, bunt und strahlend, Wurzeln unter der Haut und vor allem laut. Mein Gott... ihr seid das lauteste Element an mir. Ihr brüllt eure Geschichte stumm in die Menge, sodass Anwesende ihren Blick gar nicht mehr abwenden können. Zügeln kann ich euch nur mit winterlicher Kleidung, aber das ist okay. Erzählt ihr eure Version nur so laut ihr wollt. Doch wenn ich unsere Geschichte erzähle, kommen darin keine Opfer vor, sondern wunderbare Überlebende und viele andere Held*innen. Außerdem handelt sie von Geduld, Ruhe und Stärke. Feuer und Flammen dagegen sind nur eine Metapher.

24. März 2021

Ist da noch frei?


Wenn ich dir noch einmal auf diese Art begegnen könnte,
unter den gleichen Umständen,
-in der letzten Bahn, eines viel zu langen Tages-
dann würde ich meine Zweifel beiseite legen
und mich völlig in der Nacht verlieren,
nicht nur die schlechte Laune raushängen lassen und
ich würde mit zu Bon Jovi kommen,
anstatt meine Ängste allein auf dem Dach zu überdenken.
Ich hätte dich nicht so oft warten lassen
und auch ganz generell,
wäre ich nicht so egozentrisch gewesen.

Aber du warst nicht dumm,
sondern elegant und stets freundlich.
Du bist nicht am Stacheldraht hängen geblieben,
aber dafür mir fremd.
Und das ist das Happyend in dieser Geschichte.
Kein Wiedersehen,
aber der perfekte Abschluss eines anderen Lebens.
Und ein Foto auf der Kamera eines weiteren Fremden,
der uns den Moment, aber nicht die Erinnerung klauen konnte.



23. März 2021

oder so.

Die Leute wurden von Wind und Kälte vertrieben. Ich blieb sitzen und schaute ins Tal. Versuchte mich völlig in mich zu kehren, in der Hoffnung dort Schutz zu finden. Schutz vor allem, was draußen ist oder sein könnte. Doch der Wind zog durch mich durch. Nur die Gedanken blieben hängen. Welcher Stein ist zuerst gefallen? Wer oder was hat ihn angestoßen und wo bin ich oder sie? Kann ich meinen Körper noch an irgendeiner Stelle dazwischen werfen, um diese Dominokaskade zum Stoppen zu bringen? Es schien endgültig keine Antwort auf die Frage, was überhaupt noch in meinen Händen liege, zu geben. Also verbeugte ich mich zum Abschied vor der Bedeutungslosigkeit und ging zurück. Leer, aber nicht leer genug, um mir eingestehen zu können, dass ich nichts bin. Ich verliere mich, also bin ich. oder so.



 


24. Februar 2021

über Erinnerungen, die mich heimsuchen

Eine Illusion, die sich selbst aufrecht erhält,
allein durch blasse Haut und müde Augen;
aufrecht im Stand - du könntest mich mit einem Schlag ausknocken.
Doch du bist fragil und ebenso flüchtig
wie das Bild in meinem Kopf, wie du wirklich warst.
Um dich herum eine Fassade aus Ideen, die ich dir zuspielte.
Habe ich dich jemals wirklich gesehen?
Zu viele Träume von Dingen, die wir nie erlebt haben,
Pläne, die immer offensichtlich ironisch waren.
Obwohl vielleicht..
Nein.
Saug es auf.
Das letzte bisschen Wahrheit
will ich mir direkt in die Vene spritzen,
um sie bei mir zu haben, wenn du für immer gehst.
Die richtige Zeit war und ist nie.
Du bleibst eine Erinnerung, die mich nachts heimsucht
und Spuren hinterlässt, die mich ausschließlich auf Irrwege führen kann.
Denn wir waren nie im gleichen Moment am gleichen Ort "wach".

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16. Februar 2021

Entwurzelt


Die zarten Narbenstränge an meinen Beinen,
die über die Fußknöchel den Boden zu suchen scheinen,
lassen mich manchmal glauben,
mein Körper möchte an Ort und Stelle Wurzeln schlagen.
Sich tief in der Erde verankern und standhaft werden.
Einen Lebensmittelpunkt finden.
Oder vielleicht auch nur Balance.
Was versuchst du mir zu sagen?
War ich zu wild, zu naiv, zu leichtfüßig?
Ich will das Größste,
die Freiheit.

Schau doch nur mal in die Baumkronen.
Die Äste versuchen nicht nach den Sternen zu greifen.
Sie genießen den Wind,
die Sonne und den Regen.
Du kannst die Freiheit in dir suchen.
Dafür musst du dich nicht entwurzeln.
Kein Mensch, dem du begegnen wirst,
kann dir deine Wahrheit zuflüstern.



17. Januar 2021

Für wen hast du gelogen?

Dieses Konstrukt ist wacklig wie ein Kartenhaus. Doch ich weiß, dass wir es gemeinsam aufgebaut haben und ich fühle mich darin sicher. Jeder Winkel ist mir bekannt und ich weiß ganz genau, welche Flure ich meiden sollte, wenn ich hier unversehrt hinauskommen möchte. Mittlerweile ist es eine riesige Ruine und vermutlich, bin ich der letzte Mensch, der sich manchmal noch hierher verirrt. Dann schleiche ich durch die Gänge auf der Suche nach Relikten aus vergangenen Tagen. Der Putz rieselt von der Decke, die Blumen sind welk, die Bilder verstaubt und die alten Träume riechen modrig. Alles, was hier noch lebendig ist, sind meine Erinnerungen. Doch es sind keine Orginale mehr. Irgendwann begannen sie zu verblassen, also habe ich sie in leuchtenden Farben nachgemalt. In einem der Räume liegt etwas von mir begraben und ein Stück meiner alten Seele spukt durch die Gegend. Vielleicht kehre ich daher immer wieder zurück, egal wie gefährlich es ist. Bin ich hier, ist es wie früher und ich bin okay.

8. Januar 2021

Kurz vor Ausgangssperre

 

So viele Dinge zu tun. So viel Zeit zum Verschwenden.
Außerhalb meiner Mission des Wachsens scheint mir vieles unendlich sinnlos und unwichtig. Doch der Druck der Fristen überzeugt mich am Ende doch immer wieder es einfach zu tun, um Stress zu vermeiden. Doch liegt der Stress nun in meinem Kopf oder in den Dingen selbst?

Auf der einen Seite will ich mich auf die wunderbaren Dinge im Leben konzentrieren, auf der anderen Seite nicht die Motivation für so ziemlich alles andere verlieren. Und abseits all der vernünftigen Perspetiven, will ich mit dir im dreckigen Licht der Straßenlaternen tanzen, während im Hintergrund eine Playlist aus der Zeit, in der wir noch dachten, wir hätten unser Schicksal selbst in der Hand, spielt und ganz weicher, kalter Schnee wie die Asche längst verlorener Träume auf uns fällt.

6. Januar 2021

Was haben wir schon zu verlieren ?

  Es wird nicht perfekt, was auch immer das überhaupt bedeuten soll, aber es wird besser. Vor meinem inneren Auge sehe ich uns schon lachend im hohen Gras liegen, weil das Leben uns komplett überwältigt und wir unser Glück einfach nicht mehr händeln können. Ich weiß ganz genau, dass du mit Abstand der stärkste Mensch bist, den ich kenne. Wenn du nur erahnen könntest wie viel Kraft du mir schon seit einigen Jahren schenkst. Wann immer unsere Zeit reif ist, werden wir ganz bestimmt so groß und wunderbar blühen wie Sonnenblumen. Ich kann es kaum abwarten. Und wenn es nicht dieser Sommer wird, dann vielleicht der Nächste oder auch der Übernächste. Aber es wird sicherlich passieren und es wird sich wie ein inneres Neighbourhood-Konzert anfühlen - eine friedliche Revolution für die Seele. Denn im Grunde ist alles gut.


 

 

 

5. Januar 2021

Liebes 2021,

Ich wünschte, ich könnte dir meine Wünsche und Ziele in die Hände legen und damit jegliche Verantwortung zuschieben, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass du nur eine Zahl bist. Und wenn nicht, dann hast du vermutlich trotzdem alle Hände voll zu tun. Nur zur Sicherheit möchte ich dir aber mitteilen, dass hier einige gebrochene Seelen anwesend sind. Sei also bitte, bitte mild mit uns, sodass wir es alle halbwegs geborgen bis ans Ende schaffen. Wenn ich im Sommer nur wieder friedlich unter dem Apfelbaum liegen und den Bienen lauschen kann, dann bin ich schon überglücklich. Und wenn ich im Dezember fröhlich singend durch den Wald streifen kann, dann räume ich dir einen gigantischen Ehrenplatz in meinem Herzen frei, der den Titel "Bestes Jahr meines Lebens" tragen wird. Aber mach' dir keinen Stress. Du bist nur ein Jahr und ich bin nur ein Mensch. Dem bin ich mir bewusst, keine Sorge. Wir schaffen das schon irgendwie.
Alles ist gut,
~Alexx