8. Juni 2017

Von Igel und Maus

Vor mehr als einer halben Ewigkeit saß ein Igel einsam und verlassen im tiefen Laub des herbstlichen Waldes. Sein Leben war trostlos und trist. Bisher hatte er kaum gute Erfahrungen mit dieser Welt machen können und meistens wanderte er allein durch die kühlen Nächte. Nur eine kleine Maus leistete ihm an manchen Tagen stille Gesellschaft. Trotz allem war er voller Stolz und Träumen und nahm sich stets vor niemals traurig sein zu wollen. Dafür blieb auch kaum Zeit. So viele wunderschöne Dinge gab es im Wald zu entdecken und zu bestaunen. Die Blätter und der Himmel hatten es ihm besonders angetan. Ständig wechselten sie ihre Farbe und wenn die Blätter im Wind raschelten dachte er an das Meer und die Flüsse und fragte sich wie weit er wohl Reisen könnte und was es noch alles zu entdecken gäbe. Bald schon riss ihn die Sehnsucht mit sich und trieb ihn in die ganze Welt. Niemals hätte er sich vorstellen können welch fabelhafte Wunder in fernen Ländern auf ihn warten würden. Nach vielen Jahren kehrte er Heim. Der Wald verlor mal wieder seine Blätter und da kam ihm wieder die Maus in den Sinn. Was mag sie wohl die ganzen Jahre getan haben? Er wollte ihr gern von den gigantischen Wasserfällen und den dichten Tropenwäldern berichten. Doch auch nach stundenlanger Suche war sie nicht aufzufinden. Ist ihr vielleicht etwas zugestoßen? War sie vielleicht bereits gestorben? Der Igel konnte es sich nicht erklären. An diesem Tag spürte er zum ersten Mal, dass ihm etwas fehlte und sein Leben lang sah er die kleine Maus kein einziges Mal wieder.

In Wirklichkeit war sie ihm stets gefolgt und hatte immer nur Augen für den tapferen und frohen Igel. Doch kurz bevor er sich entschloss umzukehren, ergriff sie ein tiefsitzender, erdrückender Schmerz. Nie hatte er sie bemerkt. Nie hatte er sie vermisst. Sie war sein permanenter Schatten, doch sein Weg schien ihn nicht zu ihr zurückzuführen. Sie sagte sich, dass sie nie wieder jemanden so bedingungslos folgen würde und ging schließlich ihren eigenen Weg, immer den frohen Igel in den Gedanken habend.



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