17. April 2025

S.

Als du mir in der Nachmittagssonne am See gegenüberlagst und von den Wunden des vergangenen Jahres gesprochen hast, habe ich mich später noch geärgert, dass es auf dieser Stranddecke keinen Platz mehr für Tränen gab. Ich hätte dir gern den Mut geschenkt, nur kurz so verletzlich sein zu können. Die Sonne hätte sie sicher augenblicklich getrocknet und ich hätte in den Himmel schauen können, um so zu tun als hätte ich sie gar nicht bemerkt. 
Als du mir auf der langen Fahrt ein Liebeslied nach dem anderen vorgespielt hast, ist mir dieses nostalgische Gefühl eines süß-salzigen aufregenden ersten Roadtrips nach dem 18. Geburtstags in den Bauch gestiegen und ich hätte mich am liebsten in einer der vielen Alleen voller Obstbäume verloren, um vor mich hin zu träumen und mir darüber den Kopf zu zerbrechen, was gerade in dir vorgeht und warum du mir nicht davon erzählen kannst.
Als wir durch die Straßen gelaufen sind, uns durch die Menschenmassen drängeln mussten und uns an der kurzen Blüte der Freiheit erfreut haben, hätte ich am liebsten deine Hand genommen, um dich durch die Menge zu führen und dir zu zeigen, dass wir dich hier nicht zurücklassen und du zu uns gehören kannst, wenn du magst. 
Alles nur kurze Momente der Verbundenheit, von der klar war, dass sie nicht von langer Dauer ist. Du steuerst dein Schiff in ganz andere Meere und wenn du mir entgegensegelst, dann immer nur, um mir  kurz zuzunicken, aus 100 Metern Entfernung, kurz und schmerzlos, denn unter Seeleuten macht man das so. Du bist die raue See gewöhnt und wer bin ich, dir in seichten Gewässern die Hand reichen zu wollen.